Sozialismus hat viele Ausprägungen. Die einen verstehen Sozialismus wie Karl Max in definierte, also als Vorstufe zum „wahren“ Kommunismus: es braucht noch eine führende Kraft, die das Volk auf den Kommunismus vorbereitet und ihnen den Weg weißt – denn nicht jeder wird von Anfang an verstehen, dass der Kommunismus die einzig erstrebenswerte Regierungsform ist.
Andere sehen im Sozialismus bereits die beste Regierungsform. Ihnen widerspricht die anarchische Komponente des Kommunismus, die Führungsrolle ist für das Volk unabdingbar. Staat wie China oder Nordkorea sind solche sozialistisch geführten Länder, und auch die ehemalige DDR, der von Russland geführte Sektor Deutschlands in der Nachkriegszeit, war ein sozialistisches Regime.
Eins ist immer gleich: die Architektur
Aber egal, ob in Nordkorea, China oder der DDR; egal, ob man den Sozialismus nur als Schritt auf dem Weg zum Kommunismus wahrnimmt, oder als die ideale Regierungsform; egal, ob man der Ansicht ist, Besitz sei Diebstahl oder ob man den Sozialismus als ein dem Kollektiv zugewandtes System versteht: in jedem sozialistischen Staat gibt es eine bestimmte Art der Architektur, die es in dieser Form und vor allem in dieser Masse in kaum einem anderen politischen System gibt: der Plattenbau.
Was ist Plattenbau?
Plattenbau, oder „Bauten in Elementbauweise“, wie es in der Schweiz treffend genannt wird, beschreibt einen Baustil der vor allem in der DDR und in Osteuropa, sowie teilen von Asien wie Nordkorea oder China, stark vertreten ist. Wie die Schweizer Nomenklatur vermuten lässt, sind Plattenbauten meist Häuser aus Fertigbauelementen, die aus Beton gegossen wurden und an Ort und Stelle zu einem Haus „zusammengesteckt“ werden. Im Ostdeutschland der Nachkriegszeit wurde diese Bauweise vor allem deshalb bevorzugt, weil man so in schneller Zeit viel Wohnraum schaffen konnte, ohne dabei hohe Kosten zu verursachen.
Plattenbau ist jedoch kein rein ostdeutsches oder osteuropäisches Phänomen. Im Gegenteil: die meisten Wohnhäuser und Bürogebäude werden heute in Plattenbauweise gebaut. Zuerst entsteht eine Art Fachwerk aus Stahl, Stahlbeton und tragenden Wänden, die gemauert sind. Dann werden die restlichen „freien Wände“ mit Fertigbauteilen gefüllt, die genau auf das entsprechende Maß gegossen wurden und meist aus Beton bestehen. Der Unterschied zum sozialistischen Baustil: Statt, wie in der DDR in Form der WBS 70, nur eine Form von Platte zu haben, aus der das Gebäude zusammengesteckt wird, gibt es heute eine Vielzahl an Größen, Stärken und Formen. So kann man heute selbst Rundbögen oder Verzierungen an Dachgauben aus Fertigbauteilen herstellen.
Platte ist wieder en Vogue
Eine interessante Entwicklung zeigt sich derweil in den Regionen um Berlin, in denen noch viele Plattenbauten stehen: die klassische, karge Platte mit ihren grauen Wänden und den sehr funktionalen Wohnräumen ohne Schick oder Bequemlichkeiten erfreut sich bei jungen Menschen immer größerer Beliebtheit. Gerade junge Künstler des Brutalismus scheinen sich in den alten Plattenbauten von 1982 sehr wohl zu fühlen.